Liebe Besucher:innen,

als Professor:innen in der Lehrkräftebildung haben wir mit vielen jungen Menschen zu tun. Wir sind außerdem in Schulen unterwegs und stehen mit Lehrkräften in Kontakt. In den letzten Jahren begannen wir, eine zunehmende Belastung und Erschöpfung festzustellen, und zwar sowohl bei den Studierenden als auch bei Lehrkräften und Lernenden. Wir leben in herausfordernden Zeiten. Das Bildungssystem, das gerade jetzt ein unerschütterlicher Grundpfeiler sein sollte, ist, nicht zuletzt durch den Lehrkräftemangel und schwierige Kompromisse bei einigen Entscheidungen, am Limit.

Die junge Generation wächst in einer Zeit anhaltender Krisen auf, was verunsichert, Lernlust und Lernbereitschaft schmälert, zu Fatalismus und Resignation führt. Motivation und Konzentrationsfähigkeit nehmen ab. Das wiederum erschwert es Lehrkräften, ihren Bildungsauftrag zu erfüllen. Hinzu kommt, dass auch immer mehr Eltern, wie Studien belegen (vgl. Sambanis/Ludwig (2025): Positive Fremdsprachendidaktik), im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie unter deutlich größerer Belastung und zunehmendem Stress stehen. Das wiederum führt zu Tendenzen, Teile der eigentlich familiären Erziehungs- und Bildungsarbeit zusätzlich in die Verantwortung von Schule und Lehrkräften geben zu wollen. Das trifft nicht auf alle Eltern zu, aber bei einer nicht unerheblichen Zahl. Gründe dafür sind Zukunftssorgen, finanzielle und sonstige Belastungen, Stress, teilweise auch Ablenkungen und vor allem: Erschöpfung. Doch der Versuch des Verlagerns löst das Problem nicht, da viele Lehrkräfte ohnehin schon mindestens einen Schritt über der Belastungsgrenze stehen und bestimmte Entwicklungsaufgaben ein anderes Umfeld erfordern als das schulische.

Man kann von einer globalen Belastungskrise sprechen. Als Didaktiker:innen geht es uns zunächst darum, Wege zu finden, wie Menschen ihre Potenziale trotzdem erkennen und entfalten können, Konzentrationsfähigkeit wiedererlangen, Resilienz aufbauen und über das Meistern von Herausforderungen entdecken, dass Lernen Freude machen kann und sich belohnend anfühlt. Diese Art des Belohnungserlebens ist zentral und gibt Menschen Energie, sie hilft ihnen, sich Ziele zu setzen und diese auch zu verfolgen. Ziele sind lebenswichtig! Es wird die Arbeit der Lehrkräfte erleichtern und auch die Sorgen vieler Eltern mindern, wenn es gelingt, gerade in schwierigen Zeiten in diesem Sinne positive Entwicklungen nicht nur, aber vor allem bei der jungen Generation in Gang zu setzen. Das veranlasste uns zu intensiver Recherche, Forschungen, dem Erproben von Praxisimpulsen und einem vielfältigen Austausch mit Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen. Daraus entwickelten wir die Positive Fremdsprachendidaktik.

Vorrangiges Ziel ist es, aus dieser Krise herauszufinden und gelingende Bildungsbiografien mit erfolgreichem Sprachenlernen zu ermöglichen. Denn Sprachen sind die tragende Säule von Lern-, Bildungs- und Entwicklungsprozessen sowie innerer Balance. Dabei ist es auch unverzichtbar, das Wohlergehen und die Gesundheit der Lehrkräfte mit in den Blick zu nehmen. All das vereint die Positive Fremdsprachendidaktik, die sich, zwar nicht ausschließlich, aber maßgeblich, auf die Positive Psychologie stützt. Dieses relativ junge Teilgebiet der Psychologie befasst sich vor allem mit den positiven Aspekten des menschlichen Lebens und stellt Wohlbefinden, Stärkenorientierung und Glück in den Mittelpunkt.

Weitere Grundpfeiler der Positiven Fremdsprachendidaktik sind relevante Befunde aus den Neurowissenschaften und der Didaktik. Die Positive Fremdsprachendidaktik ist ein neuer, zeitgemäßer Ansatz für das Lehren und Lernen von Sprachen, der Lernziele mit Achtsamkeit und Selbstfürsorge für Lernende und Lehrende verbindet, aktuelle Entwicklungen ernst nimmt und Antworten gibt. Der Ansatz kann überdies genutzt werden, um auch in anderen Lern- und Bildungsbereichen positive Impulse zu setzen und möglicherweise als Anstoß dienen, um auch für andere Unterrichtsfächer Positive Didaktiken ins Leben zu rufen.

Wir freuen uns, wenn Sie an positiven Schwerpunktsetzungen und Impulsen für das Lehren und Lernen von Sprachen interessiert sind. Wenn Sie mehr erfahren wollen über Veröffentlichungen zur Positiven Fremdsprachendidaktik, unseren Veranstaltungen, unsere Arbeit oder wenn Sie nach Referent:innen für einen Vortrag, Workshop oder auch eine Lesung bei einer Ihrer Fortbildungen oder einem Kongress suchen, sehen Sie sich gerne weiter auf unserer Homepage um. Dort finden Sie alle Informationen.

Wir freuen uns auf viele positive Begegnungen mit Ihnen.

Michaela Sambanis und Christian Ludwig